Videoüberwachung und Datenschutz – Teil 2

Im ersten Teil unserer Beitragsreihe ging es um die Rechtmäßigkeit von Videoüberwachung aufgrund eines berechtigten Interesses an der Kameraaufzeichnung. Dabei stellten wir zusammenfassend Folgendes fest:

Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. f) DSGVO („berechtigtes Interesse“) stellt eine gesetzliche Erlaubnis für eine Kameraüberwachung dar, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Datenverarbeitung durch eine Videoüberwachung dient der Wahrung von berechtigten Interessen des Aufnehmenden oder eines Dritten
  • Die Datenverarbeitung muss zur Wahrung dieser Interessen erforderlich sein, und
  • die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen überwiegen nicht die Interessen des Überwachenden an der Videoüberwachung.

Im zweiten Teil erzählen wir Ihnen von einem Datenschutz-Videoüberwachungs-Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24.9.2020 (Az. 1 K 584/19.MZ):

In dem Fall geht es um einen Konflikt zwischen einem Grundstückseigentümer und der Datenschutzaufsichtsbehörde.

Es geht um ein Grundstück, das sich in einem Gewerbegebiet befindet. Auf diesem befindet sich ein Einkaufszentrum, ein Parkplatz und eine großflächige zweiseitige Werbetafel mit LED-Anzeige. Die Tafel hat einen Anschaffungswert von ca. 200.000 Euro. Der Grundstückseigentümer installiert zum Schutz seiner Reklametafel auf jeder Seite zwei statische Videokameras (Kamera 1, 2, 3 und 4). Kamera 3 und 4 erfassen jeweils die Tafel, einen kleinen Ausschnitt von einer Bundesstraße, der Bahntrasse und eines Wohnhauses, während Kamera 1 und 2 den Bereich vor der Reklametafel filmen.

Kamera 2 filmt den Parkplatz und das anliegende Einkaufszentrum und Kamera 1 den Einmündungsbereich einer Straße in eine Bundesstraße. Alle vier Kameras sind rund um die Uhr in Betrieb und erfassen ihr jeweiliges Blickfeld in kennzeichen- und personengenauer Auflösung. Dabei befindet sich ein Aufzeichnungsgerät zwischen den beiden Reklametafeln. Die Aufnahmen werden in diesem Gerät für 48 Stunden gespeichert und anschließend automatisch gelöscht. Zugang zu dem verschlossenen Aufzeichnungsgerät und den Aufnahmen hat allein der Grundstückseigentümer. Auf die Videoüberwachung wird mit einem Piktogramm auf dem Parkplatz hingewiesen.

Nachdem die Datenschutzaufsichtsbehörde in Rheinland-Pfalz Kenntnis von diesem Vorgang erlangte, ordnete sie nach Anhörung des Eigentümers verschiedene Maßnahmen gegen ihn an.

Hinsichtlich Kamera 1 sprach sie eine Verwarnung aus und forderte den Kläger dazu auf, die Datenverarbeitung durch diese Kamera einzustellen und sie abzubauen sowie den Abbau durch Vorlage eines Lichtbildes nachzuweisen.

Zudem verlangte die Aufsichtsbehörde, dass Kamera 2 so eingestellt wird, dass sie während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums keine Aufnahmen fertigt. Dies sollte der Eigentümer durch Vorlage eines Ausdrucks bzw. eines Lichtbildes der entsprechenden Einstellungen nachweisen.

Außerdem verlangte die Behörde von ihm, dass die Kameras 3 und 4 so ausgerichtet werden, dass die bisher darauf ersichtliche Straße, der Parkplatz und ein benachbartes Wohnhaus nicht mehr in den Erfassungswinkel der Kamera fallen. Auch dies sollte durch einen Bildschirmausdruck nachgewiesen werden.

Für die Umsetzung der Anordnungen wurde eine Frist von ca. 3 Wochen gesetzt, wobei sie auf Bitte des Klägers bis zum 4. Januar 2019 verlängert wurde.

Der Kläger gab sich mit dem Verlangen der Aufsichtsbehörde nicht zufrieden und zog vor das Verwaltungsgericht Mainz.

Der Eigentümer meinte, die Videoüberwachung an seiner Reklametafel sei rechtmäßig. Sie diene der Wahrnehmung seines Hausrechts und dem Schutz seiner berechtigten Interessen, da er seine Werbetafel vor Beschädigungen schützen wolle. Er habe ein berechtigtes Interesse daran, sein Eigentum zu schützen und Straftaten an seinem Eigentum zu verhindern oder jedenfalls verfolgen zu können. In der Vergangenheit sei es immer wieder zu Straftaten auf dem Gelände gekommen, so sei mehrmals in den Lebensmitteldiscounter eingebrochen worden, es habe Graffiti und Fälle von Fahrerflucht gegeben. Es sei auch in Zukunft zu erwarten, dass hier Straftaten begangen würden.

Die Videoüberwachung sei auch erforderlich, da das Ziel – Abschreckung von Störern und Straftätern sowie ihre Identifizierung – mit dieser Maßnahme erreicht werden könne. Es gebe kein anderes, gleich wirksames Mittel als die Videoüberwachung. Insbesondere sei der Einsatz von Wachpersonal nicht zumutbar. Auch ein Zaun sei ungeeignet, weil über den Zaun Steine auf die Werbetafel geworfen werden könnten.

Die Kameras müssten den Bereich vor den Tafeln erfassen, da die LED-Tafeln durch Steinwürfe oder den Einsatz von Drohnen beschädigt werden könnten. Der Einmündungsbereich an der Bundesstraße müsse zur Kennzeichenerfassung und damit Identifizierung von Tätern überwacht werden.

Bei der Interessenabwägung müsse schließlich auch berücksichtigt werden, dass die Aufnahmen nur dann gesichtet würden, wenn ein Schadensereignis eintritt; im Übrigen würden die Aufnahmen ungesehen automatisch nach 48 Stunden gelöscht.

Das Verlangen der Aufsichtsbehörde, Kamera 1 abzubauen, sei rechtswidrig, weil schon eine Abschaltung ausreiche, um weitere Datenverarbeitungen zu verhindern.

1. Wie hat das Verwaltungsgericht Mainz in seinem Urteil entschieden?

Das Gericht prüft detailliert das Erfassungsfeld der einzelnen Kameras.

2. Kamera 1 und 2

Die Überwachung durch die Kamera 1 war rechtswidrig, weil sie gegen die DSGVO verstieß. Eine gesetzliche Grundlage für eine Videoüberwachung ergab sich aus Art. 6 DSGVO nicht. Eine Datenverarbeitung ist nämlich nur dann rechtmäßig, wenn mindestens eine der unter Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 a) bis f) DSGVO genannten Bedingungen erfüllt ist, was hier nicht der Fall war.

a) Einverständnis der Betroffenen?

Zuerst prüfte das Gericht, ob eine Einwilligung der von der Kamera erfassten Betroffenen zu der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a) DSGVO vorlag. Dies war nicht der Fall. Die betroffenen Personen hatten hier weder schriftlich noch mündlich in die Datenverarbeitung eingewilligt, wenn sie überhaupt die Kameras bemerkt haben.

Eine indirekte (konkludente) Einwilligung der Betroffenen lag auch nicht vor. Ein solches Einverständnis folgt jedenfalls nicht aus dem schlichten Lesen des Hinweisschildes (Piktogramm) an der Werbetafel. Selbst wenn solche Hinweise deutlich sichtbar angebracht sind und die Betroffenen den überwachten Bereich betreten, kann von einem Einverständnis nicht ausgegangen werden, so das Gericht.

Außerdem kann es bei minderjährigen Betroffenen an der erforderlichen Einwilligungsfähigkeit fehlen, etwa bei Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.

b) Art. 6 Abs. Unterabs. 1 lit. f) DSGVO?

Dann prüfte das Gericht, ob sich Videoüberwachung auf Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f DSGVO stützen lässt. Hierbei geht das Gericht in einem zweistufigen Prüfprogramm vor:

  • zunächst ist die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung durch eine Videoüberwachung festzustellen und anschließend
  • eine Abwägung der Interessen des verantwortlichen Datenverarbeiters bzw. eines Dritten mit den Interessen der Betroffenen am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte und Daten vorzunehmen.

Das Gericht betont, dass nach dieser Vorschrift eine Datenverarbeitung nur dann erforderlich ist, wenn der Verantwortliche zur Wahrung berechtigter und objektiv begründbarer Interessen darauf angewiesen ist. Hierfür kann insbesondere die Frage relevant sein,

  • ob die Datenverarbeitung für die Verhinderung von Straftaten unbedingt erforderlich ist,
  • ob sie absehbar, d.h. branchenüblich ist, oder
  • ob die Betroffenen in der konkreten Situation vernünftigerweise damit rechnen müssen, dass ihre Daten verarbeitet werden.

Anhand der Beweggründe und den belegten Darlegungen des Aufnehmenden ist zu beurteilen, ob und in welchem Umfang die Videoüberwachung erforderlich ist.

Behörden und Gerichte müssen im Rahmen ihrer Pflicht zur Sachaufklärung darauf hinwirken, dass der Aufnehmende seine angeführten Gründe erläutert oder ergänzt.

c) Die Erforderlichkeit von Videoaufnahmen

Eine Erforderlichkeit liegt nach Auffassung des Gerichts etwa dann vor, wenn ein Grund, z.B. eine bestimmte Gefährdungslage, hinreichend durch Tatsachen oder die allgemeine Lebenserfahrung belegt ist. Zudem darf es keine andere Mittel geben, um dieser Gefährdungslage entgegen zu wirken. Das bedeutet, dass die Videoüberwachung das einzig effektive und schonendste Mittel sein muss, um eine konkrete Gefahr des Aufnehmenden zu beseitigen.

Schonender als die Videoüberwachung sind für das Gericht zum Beispiel Maßnahmen, die das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nicht verletzen.

Das Gericht teilt mit, dass grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Aufnehmenden vorliegt, wenn er eine Kameraüberwachung zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten einsetzt.

d) Erhöhte Gefährdungslage oder nur allgemeines Lebensrisiko?

Allerdings ist eine solche Überwachungsmaßnahme nur dann erforderlich, wenn eine konkrete Gefährdungslage besteht, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht.

Eine solche Gefährdung kann sich nur aus tatsächlichen Erkenntnissen ergeben. Rein Subjektive Gefühle der Unsicherheit reichen nicht aus.

Denn die Werbeanlage ist bisher von Dritten nicht beschädigt worden. Außerdem ist sie bereits durch ihre Höhe gut gegen Vandalismus geschützt, weil sie für Dritte nicht zugänglich ist.

Dem Einwand des Eigentümers, dass seine Werbeanlagen beschossen worden seien und deshalb eine erhöhte Gefahrenlage vorliege, folgte das Gericht nicht. Der Eigentümer konnte dem Gericht solche Vorfälle nicht beweisen. Außerdem hinterfragte das Gericht den Abschreckungseffekt der Kameras. Zudem wird das anliegende Einkaufszentrum bereits durch Kamera 2 und durch weitere Kameras am Einkaufszentrum überwacht und es sind trotzdem Einbruchsdelikte begangen worden.

Auch die ebenfalls unbelegte Angabe des Eigentümers, dass es auf dem Parkplatz bereits mehrere Fälle von Fahrerflucht gegeben habe, begründet keine besondere Gefährdungslage. Insoweit liegt nur ein allgemeines Lebensrisiko vor.

Auch die Sorgen, dass Lastwagen die Werbetafel streifen und beschädigen könnten, stellt nur ein allgemeines Risiko, aber keine besondere Gefährdungslage dar, die eine Videoüberwachung rechtfertigt.

Zudem ist auf dem vom Kläger vorgelegten Foto erkennbar, dass unterhalb der Werbeanlage am Rand größere Steine liegen, die ein Überfahren des Bordsteins und ein Streifen der Werbetafel durch Lastwagen verhindern dürften.

e) Angriff auf die eigene Person

Das Gericht stuft Angriffe gegen die eigene Person als eine besondere Gefahrenlage ein. Hier in dem konkreten Fall hat der Grundstückseigentümer dem Gericht glaubhaft und nachvollziehbar erläutert, dass er an seinem Geschäftsort ein bekannter Unternehmer sei und die begangenen Straftaten teilweise mit einem Angriff auf seine Person verbunden seien.

Der Eigentümer legte dem Gericht auch Fotos vor, die belegen, dass er mit Schmierereien an einer benachbarten Lagerhalle persönlich beleidigt und bedroht wurde. Deshalb müsse er befürchten, dass man ihm schaden wolle, sodass sein Eigentum gefährdet sei.

Dies stuft das Gericht als besondere Gefährdungslage ein. Allerdings ist das Gericht der Auffassung, dass die Werbeanlage des Klägers nur außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums besonders gefährdet ist. Sachbeschädigungen an der Werbetafel sind während der Öffnungszeiten des anliegenden Einkaufszentrums nicht wahrscheinlich. Denn in dieser Zeit sei mit einigem Durchgangsverkehr sowie mit Kunden des Einkaufszentrums zu rechnen. Ein Täter würde während der Öffnungszeiten ein hohes Entdeckungsrisiko eingehen und von der Begehung von Straftaten absehen.

f) Ist die Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums auch geeignet?

Nun prüft das Gericht, ob die Videoüberwachung auch grundsätzlich geeignet ist, um den Überwachungszweck – hier also den Schutz des Eigentums – zu erfüllen. Dies bejaht das Gericht.

Denn die Wahrscheinlichkeit, dass derartige Taten begangen werden, ist geringer, wenn Täter entdeckt und zur Verantwortung gezogen werden können. Das Risiko der Entdeckung ist nach Ansicht Gerichts durch die Installation der Videokameras größer geworden.

Ein milderes Mittel als die Videoüberwachung war auch nach Auffassung des Gerichts nicht ersichtlich.

Möglicherweise könnte der Eigentümer zwar seine Werbeanlage versichern. Dazu teilte er dem Gericht aber mit, dass die Versicherung der Anlage jährlich 10.000 € kosten würde. Dies könne man nach Auffassung des Gerichts dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zumuten.

Auch der Einsatz von Wachpersonal wäre mit hohen, unzumutbaren Kosten verbunden.

Auch eine Einfriedung des Geländes biete keinen hinreichenden Schutz, weil Gegenstände auch von außerhalb des Zaunes auf die Anlage geworfen werden könnten.

Auch ein physischer Schutz, zum Beispiel eine Plexiglasscheibe vor der Werbetafel, scheide aus, da sich die Werbetafel nach den Angaben des Klägers während des Betriebs erwärmt und die Hitze abgeleitet werden muss.

Das Gericht stellte also in Bezug auf Kamera 2 im Ergebnis fest, dass der Eigentümer ein berechtigtes Interesse an der Videoüberwachung außerhalb der Geschäftszeiten hat und dass die Überwachung als Maßnahme zum Schutz seines Eigentums auch erforderlich ist.

g) Interessenabwägung

Kritisch wird es nun bei dem letzten Kriterium, die für die Zulässigkeit der Videoüberwachung vom Gericht zu prüfen war: die Interessenabwägung.

Bei dieser Abwägung sind alle in Frage stehenden (Grund-)Rechtspositionen der Beteiligten zu einem möglichst schonenden Ausgleich zu bringen.

Die Interessen des Eigentümers am Schutz seines Eigentums müssen die schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung betroffenen Personen überwiegen. Dann wäre die Videoüberwachung rechtmäßig.

Ein Überwiegen des Eigentumsschutzes durch eine Videoüberwachung während der Geschäftszeiten verneint das Gericht.

Vielmehr überwiegen hier die Interessen der Betroffenen. Aus der Überwachung resultiert nämlich ein Grundrechtseingriff der Betroffenen in das durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der von den Kameras erfassten Personen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten.

Der Kläger kann sich in erster Linie auf sein Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen, das er durch die Überwachungsmaßnahme präventiv schützen möchte.

Vorliegend berücksichtigt das Gericht zwar zu Gunsten des Eigentümers, dass die Kameras nur statisch aufnehmen und nicht über eine Zoom- oder Schwenkmöglichkeit verfügen. Außerdem werden die Videoaufnahmen nur im Schadensfall und nur vom Eigentümer eingesehen und automatisch nach 48 Stunden gelöscht. Darüber hinaus erfolgen insbesondere keine Einblicke in höchstpersönliche Bereiche der Intim- oder Privatsphäre.

Dennoch wertet das Gericht die Interessen der von der Überwachung betroffenen Personen als gewichtiger ein.

Die gezielte, heimliche Überwachung von Personen, die sich auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen aufhalten, ist grundsätzlich unzulässig. Es ist die Aufgabe der Straßenverkehrsbehörden und der Polizei, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und Ordnungswidrigkeiten sowie Straftaten zu verhindern.

Hier aber überwacht Kamera 1 personen- und kennzeichengenau und anlasslos. Außerdem sind die Kameras für die Betroffenen im Vorbeifahren kaum erkennbar.

Von der Überwachung ist damit eine Vielzahl von größtenteils unbeteiligten Personen betroffen, die das Eigentum des Klägers nicht beeinträchtigen wollen.

Insbesondere kann das Piktogramm, das auf die Videoüberwachung hinweist, von Passanten nicht wahrgenommen werden.

Heimliche Überwachungsmaßnahmen greifen besonders schwerwiegend in die Rechte der betroffenen Personen ein. Genau das ist auch ein wichtiger Unterschied der Kamera 1 zu Kamera 2, die den Parkplatz aufnimmt: hier ist die Videoüberwachung für Betroffene, die sich auf dem Parkplatz aufhalten, eher erkennbar als für vorbeifahrende Autofahrer. Außerdem sind Personen, die sich außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums auf dem Parkplatzgelände aufhalten eher „verdächtig“, eine Straftat zu begehen als Personen, die die Werbetafel bloß zufällig passieren.

h) Folgen für Kamera 1 und 2?

Der Eigentümer musste den Betrieb der Kamera also gänzlich einstellen. Allerdings befand das Gericht, dass die Behörde den Abbau dieser Kamera nicht verlangen kann. Es sei zwar nachvollziehbar, dass die Behörde ohne Abbau von Kamera 1 nur in beschränktem Maße überprüfen kann, ob die Kamera tatsächlich ausgeschaltet ist. Dies ist aber die aktuelle Gesetzeslage. Das Gesetz räumt den Aufsichtsbehörden nicht die Befugnis ein, die physische Entfernung von bestimmten Überwachungsanlagen zu verlangen. Zudem wird von einer ausgeschalteten Kamera keine personenbezogenen Daten verarbeitet, sodass keine Verstöße gegen Datenschutzrecht begangen werden können.

Die Kamera 2, die den Parkplatz der anliegenden Einzelhandelsbetriebe aufnimmt, muss der Eigentümer so einstellen, dass nur außerhalb der Öffnungszeiten der Betriebe gefilmt werden kann. Während der Öffnungszeiten dieser Geschäfte ist eine Videoüberwachung durch Kamera 2 nicht erforderlich. In diesem Zeitraum liegt nach Auffassung des Gerichts keine besondere Gefährdungslage für die Werbetafel vor. Außerdem überwögen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, insbesondere ist zu beachten, dass durch Kamera 2 eine Vielzahl von unbeteiligten Personen gefilmt werden, die dem Eigentum des Klägers nicht schaden wollen.

3) Kamera 3 und 4

Die Anordnungen der Datenschutzbehörde, Kamera 3 und 4 neu auszurichten und dies der Behörde nachzuweisen, wurden vom Gericht nicht beanstandet.

Kamera 3 erfasst die Werbetafel und einen kleinen Ausschnitt von einer Bundesstraße, der Bahntrasse und eines Wohnhauses.

Kamera 4 filmt einen kleinen Ausschnitt des Parkplatzes.

Der Eigentümer muss nach dem Urteil die Kameras 3 und 4 so ausrichten, dass die bisher teilweise mitgefilmte Straße, der Parkplatz und das Wohnhaus nicht mehr in den Erfassungswinkel der Videokameras fallen.

Eine rechtswidrige Datenverarbeitung liegt nach Auffassung des Gerichts vor, soweit vom Erfassungswinkel der Kameras 3 und 4 auch die Straße, der Parkplatz und das Wohnhaus aufgenommen werden. Hierbei können personenbezogene Daten verarbeitet werden. Diese Datenverarbeitung ist nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DSGVO gerechtfertigt.

Denn an diesen Stellen ist die Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums nicht erforderlich. Deshalb durfte die Datenschutzbehörde von dem Eigentümer verlangen, die entsprechende Neuausrichtung von Kamera 3 und Kamera 4 nachzuweisen.

4) Fazit

Dieses Videoüberwachungs-Urteil bestätigt das, was wir bereits im ersten Teil unserer Beitragsreihe thematisiert haben:

  • Eine Videoüberwachung, die personenbezogene Daten berührt, ist kritisch zu betrachten.
  • Nur unter strengen und zu belegenden Voraussetzungen ist dies zulässig.
  • Ohne Einverständnis von Betroffenen kann eine Videoüberwachung u.a. nur dann zulässig sein, wenn sie zum Schutz vor nachweisbaren und konkreten Gefahrenlagen für das Recht des Aufnehmenden unerlässlich ist.
  • Die erhöhte Gefahr als Anlass für die Überwachung ist zu dokumentieren und im Streitfall von dem Aufnehmenden zu beweisen.
  • Doch auch dann ist eine dokumentierte und vertiefte Auseinandersetzung mit den Interessen und Grundrechten der Betroffenen nötig. Die bei dieser Prüfung anzustellenden Überlegungen und Entscheidungen sind zur Vermeidung von Datenschutzverstößen unumgänglich.

Aufgrund unserer zahlreichen Erfahrungen im Umgang mit Videoüberwachungsanlagen kennen wir uns mit den diesbezüglichen Tücken und Fallen ganz genau aus. Möchten Sie eine datenschutzgerechte und rechtmäßige Videoüberwachung Ihres Betriebsgrundstücks durchführen? Dann stehen wir Ihnen jetzt beratend zur Verfügung, damit Sie nicht auch ein Datenschutz-Videoüberwachungs-Urteil trifft! Alleine schon die ganze Kommunikation und der Streit mit der für Sie zuständigen Aufsichtsbehörde dürfte den Ärger nicht wert sein!!!

Bei Ihren Entscheidungen und datenschutzrechtlich notwendigen Dokumentationen stehen Ihnen Bernhard Brands und das Team der Brands Consulting gerne zur Seite. Als externer Datenschutzbeauftragter und Datenschutzberater unterstützen wir Sie bei der Digitalisierung Ihrer Unternehmensprozesse, so auch rund um die Videoüberwachung. Flankierend dazu leistet die Byte Solution, als IT-Dienstleister und Schwestergesellschaft der Brands Consulting, den technischen Support für die Realisierung ihrer IT-Projekte. Auch das richtige Datenschutzmanagementsystem, die PRIMA Cloud, und das Hinweisgebersystem, der PRIMA Hinweisgeber, gehören zu den Eigenentwicklungen des Teams.

Haben Sie noch Fragen? Hier geht es zum Kontakt oder direkt zum Datenschutz-Angebot, denn wir sind gerne für Sie da!

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