In einem unserer Beiträge wurde bereits in groben Zügen die „Abmahnwellenproblematik“ angesprochen. In letzter Zeit häuften sich vermehrt Entscheidungen, die hoffentlich mehr Rechtssicherheit im benannten Bereich bringen werden.

Derzeitige Lage – Angst vor der „Abmahnwelle“

Die erwartete „Abmahnwelle“ – wie diese durch verschiedene Medien vor der Geltung der Datenschutz-Grundverordnung am 25.05.2018 propagiert wurde – ist nach mehreren Monaten nach dem Stichtag weitgehend ausgeblieben. Es gingen trotz dessen einige Klagen ein, die derzeit noch anhängig sind. Es ist demnach abzuwarten, wie diese entschieden werden.

Natur der Abmahnung

Innerhalb der Berichtserstattung zu der „Abmahnwelle“ fand oftmals eine unsaubere Trennung zwischen der Abmahnung und Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörde (Bußgelder) statt. So ist ein Bußgeld durch die Behörde ein Mittel, um zu gewährleisten, dass die Gesetzesreglungen eingehalten werden. Eine Mahnung hingegen ist nach § 12 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ein Mittel gegen unlauteres wettbewerbliches Handeln. Zweck der Mahnung ist es den fairen Wettbewerb zu stärken, indem schnelle außergerichtliche Entscheidungen getätigt werden können. Oftmals werden Mahnungen jedoch missbräuchlich verwendet und laufen ihrem eigentlichen Zweck konträr. Nach Art. 3a UWG handelt unlauter,

„[…] wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.“

Dabei ist es nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG möglich, eine strafwerte Unterlassungserklärung nach § 8 UWG abzugeben und ggf. Aufwendungsersatz oder Schadensersatz geltend zu machen. Daneben eröffnet das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen die Möglichkeit, Zuwiderhandlungen nach § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG abzumahnen sowie Beseitigung- und Unterlassenansprüche geltend zu machen. Diese können nach § 3 UKlaG jedoch lediglich durch Verbraucherverbände, Handelskammern und Handwerkskammern erfolgen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sieht hingegen keine Möglichkeit der Abmahnung von Wettbewerbern vor. Durch die DS-GVO sind lediglich natürliche Personen geschützt, wobei die Aufsichtsbehörde nach Art. 53 DS-GVO darüber wacht, dass die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

Abmahnungen im Datenschutz

Einer der Gründe warum die „Abmahnwelle“ nicht – wie befürchtet – ausgefallen ist, gründet sich aus der immer noch bestehenden Rechtunsicherheit bezüglich der Frage, ob ein datenschutzrechtlicher Verstoß als wettbewerblicher Verstoß nach § 3a UWG gewertet werden kann. Das Landesgericht Würzburg entschied am 13.09.18 in der Sache Az. 11 O 1741/18UWG, dass datenschutzrechtliche Verstöße auch einen wettbewerblichen Verstoß begründen können. Diese Entscheidung erreichte aufgrund ihrer unzureichenden Begründung, warum dem so sei, nicht den erhofften klärenden Charakter, sondern sorgte nur für noch mehr Zündstoff hinsichtlich der Thematik.

Mehrere Datenschutzexperten setzten sich mit dieser Thematik auseinander und kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Problem bei der Ergebnisfindung ist, dass die DS-GVO zwar einen Marktreglungscharakter enthält, jedoch keine explizite Aussage darüber trifft, ob dem tatsächlich so ist. So wird einerseits vertreten, die DS-GVO beziehe sich auf Basis des Art. 77-84 DS-GVO nur auf den Schutz natürlicher Personen und schütze diese folglich nicht als Marktteilnehmer. Die andere Seite sieht hingegen keinen abschließenden Charakter durch benannte Normen. Es wird davon ausgegangen, dass neben der Einführung der Datenportabilität nach Art. 20 DS-GVO, gerade ein Bezug auf den freien Warenverkehr von personenbezogenen Daten mit der DS-GVO abgestellt wird. Ferner erklären die Art. 77 ff. DS-GVO viermal „unbeschadet eines Rechtsbehelfes“, was auf eine nicht abschließende Regelung der Rechtsdurchsetzung hinweisen soll. Die Argumentation geht dahin, dass eine Person, die einen datenschutzrechtlichen Verstoß rügt, nicht nur ihr eigenes Recht geltend macht, sondern mit der Rüge auch auf wettbewerbliche Fehlhandlungen eingeht und folglich auch Datenschutzrechte anderer bedient. Eine abschließende Bewertung bleib folglich aus.

Gesetzesentwurf zur Eindämmung unberechtigter Abmahnungen

Trotz der Unsicherheit darüber, worauf sich eine Abmahnung stützen sollte, gingen – wie bereits erwähnt- vereinzelt Klagen ein. So stelle eine Blitzumfrage der BVDW (Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V) – […] ein Verband der die Interessen der digitalen Wirtschaft gegenüber Politik und Gesellschaft für die Schaffung von Markttransparenz und innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen […] einsetzt – einen Monat nach dem Wirken der DS-GVO fest, dass bereits 5% der Unternehmen angab, bereits mit einer datenschutzrechtlichen Mahnung konfrontiert worden zu sein und 28% der Befragten eine solche Mahnung erwarten würden. Dies gab dem Freistaat Bayern den Anlass einen Gesetzesentwurf einzubringen, welcher mehr Klarheit über den Umgang und die zivilrechtlichen Rechtfolge bei Verstößen gegen die DS-GVO aufzeigen soll.

Der Entwurf wurde am 06.07.2018 im Bundesrat behandelt und an die zuständigen Ausschüsse zur Beratung weitergeleitet. Inwieweit der Gesetzesentwurf Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Begrüßenswert wäre dieser jedoch, da er doch klarstellenden Charakter bezüglich der derzeitigen Lage haben dürfte.

Weiterhin wurde am 11.09.18 ein Gesetzesentwurf zur Eindämmung missbräuchlicher Abmahnungen vom Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegt. Der Entwurf enthält Anpassungen innerhalb des UWG und UKlaG, die den finanziellen Anreiz der Geltendmachung einer unberechtigten Abmahnung vermindert sowie die höhere Hürden für eine solche Abmahnung stellt. Die Frage, ob ein datenschutzrechtlicher Verstoß auch einen wettbewerblichen Verstoß begründet, bleibt im Vergleich zum bayerischen Gesetzesentwurf hingegen unberührt. Trotz dessen wird die Regelung womöglich zu einer Verminderung unberechtigter Abmahnungen beitragen.

Ausblick

Die derzeitige Lage bleib demnach weiterhin unsicher. Es ist abzuwarten, wann die Gesetzesentwürfe abgehandelt sind und ggf. Geltung entfalten werden. Zu wünschen wäre – zur Förderung der Rechtssicherheit – eine schnelle Umsetzung.

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