Allgemein beliebt und praktikabel für Unternehmen ist die Nutzung von Call-Center-Diensten, egal ob als interne Abteilung oder externer Dienstleister. Diese bieten dem Unternehmen nicht nur gewisse Kostenerleichterungen, da dadurch eine weitere Möglichkeit erschlossen wird, Waren zu veräußern. Sie bieten regelmäßig die zumindest technische Möglichkeit, die aufgenommenen Telefondaten auszuwerten und damit ein Qualitätsmanagement zu entwickeln, das eingesetzt wird, um entsprechende Servicequalitäten zu verbessern.

Datenschutzrechtlich und -organisatorisch zu beachten ist dabei nicht nur die Beziehung zwischen Kunden und Call-Center, sondern auch der zumeist übersehene Arbeitnehmerdatenschutz, der beim Mithören und Aufzeichnen des Telefonats eine besonders große Rolle spielt.

Abhörmöglichkeit durch den Arbeitgeber

Aufgrund der fortschreitenden technischen Möglichkeiten und des Einsatzes des Telefons zur Ausführung der Call-Center-Dienstleistungen ist es für den Arbeitgeber vermeintlich einfach, aus Gründen der Qualitätskontrolle oder auch, um Schulungszwecke durchzuführen, die Gespräche der Call-Center-Mitarbeiter zu überwachen oder diese aufzuzeichnen. Dabei wird einerseits in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers und andererseits in die des Kunden (Anrufers) eingegriffen.

Datenschutzbeauftragter – Interessensabwägung der Parteien

Neben dem Interesse des Arbeitgebers, die Arbeitsqualität zu steigern, steht das Interesse des Call-Center-Mitarbeiters und des Kunden, sich einer ständigen Überwachung entziehen zu wollen. Um eine Kollision der Interessen zu vermeiden, ist es die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten, entsprechende Lösungswege zu entwickeln, um einerseits das legitime Interesse des Arbeitgebers zu gewährleisten, beispielsweise durch die Auswertung von Kundengesprächen Rückschlüsse auf die Unternehmensleistung zu ziehen, andererseits aber dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters und des jeweiligen Kunden beachtet werden.

Abhören von Telefonaten – Wann erlaubt und wann nicht?

Will der Arbeitgeber bei Telefonaten von Call-Center-Mitarbeitern mithören, ist es Aufgabe des Datenschutzbeauftragten, zu ermitteln, wann eine solche Abhöraktion gestattet ist und wann nicht. Dabei stellen sich die Fragen:

  • Reicht eine Einwilligung des Betroffenen?
  • Kann eine solche Einwilligung nachträglich eingeholt werden?
  • Gibt es Ausnahmen?

Einschlägige Norm – TMG oder BDSG?

Um die Rechte des Betroffenen und die Möglichkeiten des Arbeitgebers zu ermitteln, ist es notwendig die richtigen Normen hinzuzuziehen.

Der Datenschutz in Call-Centern richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Das Telemediengesetz hingegen ist in diesem Bereich meist nicht relevant, da bei der Einschaltung eines Call-Centers ein sogenannter Medienbruch bewirkt wird. Ein Medienbruch kommt zustande, wenn die Vorrausetzungen des § 1 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) nicht gegeben sind. Nach diesem ist das TMG dann einschlägig, wenn es sich um elektronische Informations- und Kommunikationsdienstleistungen handelt. Die Call-Center-Aktivität geht hingegen darüber hinaus, da beispielsweise Bestellungen von Waren vorgenommen werden können und hierbei ein menschlicher Kontakt erfolgt.

Agentenstellung der Call-Center-Mitarbeiter – Anwendung des Mitarbeiterdatenschutzes?

Häufig ist ein Großteil der Call-Center-Mitarbeiter als sogenannte Agenten tätig. Agenten sind dafür zuständig, Kundenanrufe anzunehmen („inbound-Tätigkeit“) oder Kunden von sich aus zu kontaktieren („outbound-Tätigkeit“). Trotz dieser Agenten-Stellung unterliegt der Call-Center-Mitarbeiter ebenso wie andere Arbeitnehmer dem Mitarbeiterdatenschutz.

Datenschutz im Call-Center – Vorrang des Persönlichkeitsrechts

Nach dem Grundsatz des Rechts auf informelle Selbstbestimmung obliegt es grundsätzlich jeder einzelnen Person, über die Erhebung und Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten selbst bestimmen zu dürfen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz). Das Abhören oder auch Aufzeichnen von personenbezogenen Daten greift folglich erheblich in dieses Recht ein. Die Eingriffsintensität in das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen durch das Abhören oder Aufzeichnen von Telefongesprächen variiert jedoch und bedarf einer Einzelfallabwägung. Ebenso ist zu differenzieren, ob der Abhör- oder Aufzeichnungsvorgang heimlich oder offen erfolgte, um ein Fehlverhalten festzustellen.

Heimliches Aufzeichnen und Mithören – Allgemein Rechtwidrig

Das heimliche Mithören von Telefonaten durch den Arbeitgeber ist in den meisten Fällen rechtswidrig und wird nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) strafrechtlich sanktioniert. Demnach wird

(1) mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt

1.das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2.eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt

1.das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört oder
2.das nach Absatz 1 Nr. 1 aufgenommene oder nach Absatz 2 Nr. 1 abgehörte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach öffentlich mitteilt.

Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen. Sie ist nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass ein Abhören und Aufzeichnen ohne Kenntnis des Betroffen unzulässig ist. So hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19.12.1991 – 1 BvR 382/85 entschieden und den Vorrang des Persönlichkeitsrechtschutzes des Betroffenen vor dem Interesse des Arbeitnehmers festgestellt.

Ausnahme – bei Aufklärung schwerer Straftaten

Das heimliche Abhören ist nur dann zulässig, wenn diese nach § 201 Abs. 2 Satz 3 Strafgesetzbuch ein überragendes öffentliches Interesse verfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen die entsprechenden Ausnahmen konkretisiert. Demnach wird heimliches Abhören gestattet, sofern dies zur Aufklärung schwerer Straftaten, wie etwa Erpressung, geeignet ist. Das heimliche Mithören zur Beweissicherung von zivilrechtlichen Streitigkeiten ist hingegen im Regelfall kein ausreichender Rechtfertigungsgrund.

Einholung einer Einwilligung

Gemäß des § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, sofern der Betroffene dem zustimmt oder eine Rechtvorschrift dies erlaubt. Mögliche Rechtsgrundlage für das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen könnte der § 28 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz darstellen.  Diese Regelung ist jedoch in Anbetracht der Abwägung zwischen dem Geschäftsinteresse des Unternehmens und dem Schutzinteresse des Kunden sowie Mitarbeiter abzulehnen, da solche Telefonate umfangreicher sein können, als für die Erfüllung des Geschäftszeckes erforderlich ist. Da wie bereits erwähnt das heimliche Abhören nach § 201 StGB untersagt ist, sofern kein überragendes öffentliches Interesse besteht, ist eine Einwilligung der Betroffenen einzuholen.

Einholung der Einwilligung des Kunden

Nach § 4a Abs.1 Satz 3 Bundesdatenschutzgesetz ist eine Einwilligung grundsätzlich schriftlich einzuholen. Auf die Schriftform kann jedoch verzichtet werden, wenn besondere Umstände vorliegen, welche eine andere Form angemessener erscheinen lassen. Gerade bei einem einmaligen Telefonkontakt läuft die schriftliche Einwilligung dem Interesse des Anrufers, seine Angelegenheit so schnell wie möglich zu erledigen, zuwider, was eine mündliche Einwilligung rechtfertigen würde.

Einholung der Einwilligung des Arbeitnehmers

Selbst, wenn eine vertragliche Reglung im Arbeitsvertrag besteht, welche besagt, dass der Arbeitnehmer der Abhörung und Aufzeichnung von Gesprächen zustimmt, liegt keine konkrete Einwilligung des Betroffenen vor. Der Mitarbeiter muss ebenso wie der Kunde eine freiwillige Einwilligung abgeben, wobei in diesem Fall das Schriftformerfordernis grundsätzlich bestehen bleibt. Eine Regelung wäre auch über eine geeignete Betriebsvereinbarung denkbar, hierbei sollte unbedingt der Datenschutzbeauftragte eingebunden werden.

Ist bei der Vertragsschließung keine Einwilligung des Arbeitnehmers eingeholt worden, so ist dies nachträglich zu tun. Trotz der Auffassung einiger Rechtsexperten, eine Einwilligung sei nicht nötig, da diese sich aus dem Vertragsverhältnis zwangsläufig ergäbe, besteht eine gewisse datenschutzrechtliche Relevanz. Sollten daher Zweifel bestehen, ist im Allgemeinen immer eine separate Einwilligung einzuholen, um dem Formerfordernis zu genügen.

Offenes Mithören – Abhören mit Einwilligung

In der Regel ist das offene Mithören durch den Arbeitgeber datenschutzrechtlich unproblematisch. Bei einem offenen Mithören stellt sich der Arbeitgeber neben den Angestellten und hört das Telefonat mit und macht sich Notizen darüber. Wird so verfahren, liegt keine konkrete Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen vor, da der Arbeitgeber den legitimen Zweck verfolgt und es für den Arbeitnehmer ersichtlich ist, dass mitgehört wird, z. B. um zu kontrollieren, ob unternehmensinterne Standards eingehalten werden oder die gesammelten Informationen als Vorbereitung für eine Schulung des Arbeitnehmers zu nutzten. Damit handelt er im Rahmen seines Kontrollrechts und der Zweckbestimmungen des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer.

Möchte der Arbeitgeber eine Telefontechnik verwenden, die ihm gestattet, direkt mitzuhören, ist darauf zu achten,

  • dass dies für den Arbeitnehmer erkenntlich ist. Dies kann mitunter durch Tonsignale oder auch durch das Aufleuchten einer Lampe signalisiert werden.
  • Möchte der Arbeitgeber die Gespräche aufzeichnen, ist – sofern vorhanden – zusätzlich der Betriebsrat einzuschalten (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).

Worauf ist außerdem zu achten?

Die Einwilligung ist immer erforderlich für die Zulässigkeit der verfolgten Maßnahme, doch sind neben dieser auch andere Aspekte relevant.

So kann das Aufzeichnen von Telefongesprächen dem Grundsatz der Datensparsamkeit und Datenvermeidung des § 3a Bundesdatenschutzgesetz zuwiderlaufen. Stehen andere Möglichkeiten zur Wahl, welche eine Aufnahme von Telefonaten vermeiden würde, sollten diese auch als milderes Mittel angewendet werden.

Auch sollten weitere Maßnahmen rund um Datenschutz im Call-Center ergriffen werden. Dies wären unter anderem geeignete Löschfristen, denn im Datenschutz gilt, dass personenbezogene Daten grundsätzlich nach Zweckentfall zu löschen sind. Auch sollten die Mitarbeiter, die im Call-Center tätig sind auf das Datengeheimnis nach § 5 BDSG verpflichtet werden. Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen könnte, ist die Auftragsdatenverarbeitung. Insbesondere Call-Center werden häufig ausgelagert und durch Dienstleister ausgeführt, dabei sollte der Auftraggeber sicherstellen, dass der Dienstleister die personenbezogenen Daten ausschließlich nach Weisung erhebt, verarbeitet und nutzt sowie ausreichende technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz dieser Daten ergreift.

Fazit

Call-Center bieten nicht nur Erleichterungen für Unternehmen, sondern ebenso Problemfaktoren, die nicht unbeachtet bleiben sollten. Harte Strafrechtliche Sanktionen von Geldstrafen bis zu Freiheitsentzug können bei Zuwiderhandlungen folgen. Aufgrund der Komplexität der Reglungen rund um Datenschutz im Call-Center ist eine datenschutzkonforme Umsetzung allerdings schwer alleine zu bewältigen. Ihr externer Datenschutzbeauftragter sollte das Unternehmen und den Betriebsrat bei der Erstellung einer geeigneten Betriebsvereinbarung für das Callcenter unterstützen und dabei auf relevante Aspekte des Datenschutzes hinweisen und die Umsetzung geeigneter Prozesse begleiten

Ähnliche Beiträge