Jeder dürfte es kennen: der Hals fängt an zu kratzen und man spürt, dass sich eine Erkältung anbahnt. Am nächsten Morgen ist man platt, der Kopf ist dick und die Nase ist zu – Arbeiten unmöglich. Hat es einen richtig erwischt, bleibt man lieber zu Hause, um vor allem nicht die Kollegen im Büro anzustecken. Nun folgt der unliebsame Weg zum Arzt, um sich nach stundenlangem Warten im Wartezimmer, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Arbeit zu holen. Seit Mitte Dezember 2018 ist es jedoch möglich, sich das Attest via WhatsApp zukommen zu lassen und das ohne den Arztbesuch. Das neue Modell der Telemedizin ist nicht unumstritten und es stellt sich daher die Frage, ob dies zulässig ist und wie es vor allem mit dem Datenschutz aussieht.

Attest per WhatsApp

Krankgeschrieben werden, ohne dafür mit laufender Nase, mit Kopf- oder Halsschmerzen das Haus verlassen zu müssen. Seit Mitte Dezember 2018 ist der neue Telemedizin-Service verfügbar und Patienten können sich für gerade einmal 9 Euro eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von einem kooperierenden Arzt ausstellen und via WhatsApp zusenden lassen. Der Service greift jedoch ausschließlich bei einer Erkältung. Weisen Betroffene stärkere Symptome, wie zum Beispiel eine Grippe, auf, wird auf den nächstgelegenen Arzt verwiesen. Das Attest lässt sich zudem lediglich 2-mal pro Jahr ausstellen, um vor allem den Missbrauch des Dienstes zu verhindern. Alles was Arbeitnehmer für die Krankenbescheinigung tun müssen, ist im Vorfeld online ein paar Fragen zu beantworten, worunter inhaltlich die typischen Symptome einer Erkältung abgefragt werden. Sofern die Symptome einer Erkältung übereinstimmen und auch keine stärkere Erkrankung vorliegt, bekommt der Nutzer, nach Bezahlung, das Attest via WhatsApp übersendet. Zusätzlich erhält der Patient die Krankschreibung auch noch einmal per Post. Trotz der zahlreichen Vorteile, welche der Service sicherlich für Patienten mit sich bringt, ist er dennoch nicht unumstritten. Über den Messenger werden nämlich auch persönliche Daten, wie ein Foto der Versichertenkarte sowie Therapieempfehlungen, ausgetauscht.

Telemedizin und der Datenschutz

Auch wenn der Messenger mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wirbt, dürfte der Einsatz aus Datenschutzsicht nicht zu empfehlen sein. Dies geht unter anderem auch aus dem Merkblatt für die Nutzung von „WhatsApp“ in Unternehmen des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachen hervor. Zwar geht der Landesbeauftragte in dem Merkblatt nicht konkret auf diesen Fall ein, jedoch erläutert er, hinsichtlich der Übermittlung von Rezepten an Apotheken zur Bestellung von Medizin, dass die besondere Schutzbedürftigkeit der Gesundheitsdaten berücksichtigt werden sollte und damit an die technischen und organisatorischen Maßnahmen entsprechend höhere Anforderungen zu stellen sind.

Auch sollten Nutzer berücksichtigen, dass Nachrichten und Mediendateien, die gesichert und in der Cloud, z. B. Google Drive, gespeichert werden, nicht durch die WhatsApp Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt sind.

Lockerung des Fernbehandlungsverbotes

Ursprung des Ganzen ist die Lockerung des Fernbehandlungsverbotes im Zuge der Telemedizin, welche die Untersuchung bzw. Diagnose via Telefon oder Internet beschreibt. Die Lockerung des Fernbehandlungsverbotes soll, laut Experten, vor allem die Problematik der medizinischen Versorgung lösen, da man teilweise schon vor den Öffnungszeiten der Arztpraxis Schlange stehe, um überhaupt in die Sprechstunde zu kommen.

Kritiker raten von dem Service ab

Kritiker raten von dem neuen Service jedoch ab. Der Präsident der Hamburger Ärztekammer findet es problematisch, dass Patienten vor einer Krankschreibung nicht persönlich untersucht werden. Zudem wäre schon rein aus datenschutzrechtlicher Sicht von dem Service abzuraten. Diese Meinung teilen mitunter Kollegen aus Schleswig-Holstein. Aufgrund dessen prüft die Rechtsabteilung der Ärztekammer gerade den neuen Service via WhatsApp. Was zusätzlich hinzukommt ist, dass die rechtliche Grundlage des Online-Angebots noch geklärt werden muss, da nicht klar ist, ob der Arbeitgeber eine solche Krankmeldung ebenfalls anerkennen muss.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass trotz der vielen Vorteile, welche der Service mit sich bringt, dieser weiterhin nicht unumstritten ist. Aus rechtlicher Perspektive bleibt abzuwarten, ob Arbeitgeber zukünftig eine solche Krankmeldung akzeptieren werden. Weiterhin bleibt der Service aus datenschutzrechtlicher Perspektive risikobehaftet. Auch wenn mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vom Messenger geworben wird, werden zahlreiche Daten auf den Servern der Facebook-Tochter in den USA gespeichert. Bevor ein solcher Service gängige Praxis in Ihrem Betrieb werden soll oder WhatsApp generell zum betrieblichen Austausch untereinander sowie mit externen Ansprechpartnern genutzt werden soll, wäre dringend der Rat des Datenschutzbeauftragten einzuholen.

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